Landgericht Bielefeld, Beschluss vom 06.06.2012 - 23 T 258/10 -

Von einem Einzelausgebot darf nur abgesehen werden, wenn die in § 63 Abs. 4 Satz 1 ZVG genannten Beteiligten hierauf verzichten. Auch der anwesende Schuldner muss zustimmen. Sämtliche Erklärungen müssen spätestens vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vorliegen (LG Bielefeld, Beschl. v. 06.06.2012 - 23 T 258/10 -).

Landgericht Bielefeld

23. Zivilkammer

06.06.2012

23 T 258/10

Beschluss

In Sachen

...

beschlossen

Der Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Halle/Westf. vom 19.1.2010 wird aufgehoben. Den Beteiligten zu 3) wird der Zuschlag versagt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 155.000 €.

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 96 ZVG, 793 Abs. 1 ZPO statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und insgesamt zulässig.

Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Versagung des Zuschlags (§ 100 i.V.m. § 83 Nr. 2 ZVG).

Denn das Absehen von dem Einzelausgebot hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Von einem Einzelausgebot darf nur abgesehen werden, wenn die in § 63 Abs. 4 Satz 1 ZVG genannten Beteiligten hierauf verzichten. Auch der anwesende Schuldner muss zustimmen. Sämtliche Erklärungen müssen spätestens vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten vorliegen. Nur Beteiligte, die erst nach Beginn der Bietzeit erscheinen, werden nicht mehr zu einem möglichen Verzicht befragt. Diese eindeutige zeitliche Grenze dient der Schaffung klarer Verhältnisse und stellt die Versteigerungsbedingungen vor Beginn der Bietzeit eindeutig fest (vgl. Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 63, Rdnr. 2.2; Dassler/Schiffhauer-Hintzen, ZVG, 13. Aufl., § 63, Rdnr. 8).

Das Amtsgericht ist daher unzutreffend davon ausgegangen, dass der erst kurz vor Beginn der Bietzeit erschienene Schuldner in dem Versteigerungstermin am 19.1.2010 auf das Einzelausgebot konkludent verzichtet hat oder gehalten war, Widerspruch gegen den ihm mitgeteilten Beschluss über den Verzicht auf Einzelausgebote zu erheben. Der Verzicht setzt ein positives Tun mit eindeutigem Erklärungsgehalt voraus, das zudem stets zu protokollieren ist (vgl. BGH, NJW-RR 2009, 158). Daran fehlt es hier. Dem Protokoll ist auch nicht zu entnehmen, dass der Schuldner erst nach dem Beginn der Bietzeit erschienen ist. Vielmehr ergibt sich aus der Protokollergänzung vom 19.2.2010, dass der Schuldner kurze Zeit vor der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten erschienen war. Es hätte daher auf die Abgabe einer entsprechenden Verzichtserklärung hingewirkt werden müssen.

Die gegebenen Umstände reichen bei der gebotenen Gesamtwürdigung auch nicht für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens aus.

Da nicht auszuschließen ist, dass bei einem Einzelausgebot ein höherer Versteigerungserlös erzielt worden wäre, ist der Zuschlag auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 84 ZVG zu versagen.

Der festgesetzte Wert entspricht dem Barmeistgebot zuzüglich des Wertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte.

Unterschrift(en)

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