Amtsgericht Nürnberg, Beschluss vom 20.10.2014 - 12 K 456/12 -

Eine sittenwidrige Verschleuderung im Sinne von § 765a ZPO setzt ein krasses Missverhältnis zwischen Grundstückswert und Meistgebot voraus, was in der Regel bei einem Gebot ab 5/10 des Verkehrswertes abgelehnt wird (Amtsgericht Nürnberg, Beschluss vom 20.10.2014 - 12 K 456/12 -).

Amtsgericht Nürnberg

Abteilung für Immobiliarvollstreckung

12 K 456/12

Im Zwangsversteigerungsverfahren

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14) Feser ..., Dellbrücker Mauspfad 319, 51069 Köln, Gz. 11-0120

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gegen

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- Schuldnerin -

Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwältin ..., Schwaig, Gz. ...

Versteigerungsobjekt:

Eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Neumarkt i. d. OPf. von Lauterbach

Gemarkung Flurstück Wirtschaftsart u. Lage Anschrift Hektar Blatt

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erlässt das Amtsgericht Nürnberg am 20.10.2014 folgenden

Beschluss

Der Antrag der Schuldnerin vom 03.10.2014 auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Schuldnerin hat mit Schreiben vom 03.10.2014 Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO gestellt.

Die Gläubiger wurden zu dem Antrag gehört, haben sich jedoch dagegen ausgesprochen.

Wegen des Inhalts wird auf die den Parteien bzw. als Anlage zum heutigen Beschluss bekannt gemachten Schriftsätze Bezug genommen.

Der Antrag auf Vollstreckungsschutz ist zulässig. Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag der Schuldnerin eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen. Die Anwendung des § 765a ZPO setzt aber voraus, dass die Vollstreckungsmaßnahme wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren und moralisch zu beanstanden wäre.

§ 765a ZPO ist eine absolute Ausnahmevorschrift und als solche trotz des scheinbaren Ermessensspielraums eng auszulegen. Für die Anwendung des § 765a ZPO genügen weder allgemeine wirtschaftliche Erwägungen noch soziale Gesichtspunkte. Mit Härten, die jede Zwangsvollstreckung mit sich bringt, muss sich die Schuldnerin grundsätzlich abfinden.

Hierzu zählt im Rahmen der Zwangsversteigerung insbesondere der Verlust des Beschlagnahmeobjektes, auch wenn es sich um das Familienheim oder die Existenzgrundlage handelt. Die Vollstreckung kann auch zu Wertverlusten führen, die die Schuldnerin hinnehmen muss, sofern keine Verschleuderung gegeben ist.

Zusätzlich ist im Rahmen des § 765a ZPO das Schutzbedürfnis der Gläubiger voll zu würdigen. Diese haben aufgrund ihrer Titel ein schutzwürdiges Vollstreckungsinteresse. Demgegenüber dürfen die Schwierigkeiten und sozialen Nöte der Schuldnerin nicht einseitig berücksichtigt werden.

Die Voraussetzungen des § 765a ZPO liegen nicht vor.

Ein besonderer Härtefall, der die Vollstreckung der Gläubiger als sittenwidrig erscheinen lässt, ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

Insbesondere steht keine aussichtsreiche Sanierung an, wodurch die Gläubiger ohne unzumutbare Verzögerung befriedigt werden und die Schuldnerin den Verlust großer Werte vermeiden kann. Zwar wurde ein im August 2014 beurkundeter Kaufvertrag über das Beschlagnahmeobjekt vorgelegt, nach Aussagen betreibender Gläubiger wurden jedoch noch keine Zahlungen auf deren Forderungen geleistet.

Die betreibende Gläubigerin Raiffeisenbank ... wendet weiterhin mit Stellungnahme vom 14.10.2014 ein, dass aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem Vertragspartner (Käufer) um einen Angehörigen der Kanzlei der früheren Schuldnervertreterin (Mandat wurde am 18.10.2014 nunmehr niedergelegt) Rechtsanwältin ... handelt, zu befürchten ist, dass den Vertragspartnern nicht an einer raschen Abwicklung des Kaufes samt Zahlung des Kaufpreises gelegen ist.

Auch ist eine sittenwidrige Verschleuderung nicht gegeben. Hierzu müsste ein krasses Missverhältnis zwischen Grundstückswert und Meistgebot vorliegen, was in der Regel bei einem Gebot ab 5/10 des Verkehrswertes abgelehnt wird. Weiter und als zusätzliche Voraussetzung müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass eine Versteigerung in einem späteren Termin günstiger sein wird.

Der Antrag nach § 765a ZPO war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Rechtsbehelfsbelehrung

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Unterschrift

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