Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 10.08.2015 - 5 T 3829/15 -

Wird die Beschwerdebegründung zu einem Zeitpunkt eingereicht, zu dem über die Beschwerde bereits in II. Instanz abschließend entschieden worden war, ist die Beschwerdebegründung als Gehörsrüge zu behandeln (LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 10.08.2015 - 5 T 3829/15 -).

Landgericht Nürnberg-Fürth

5 T 3829/15

In Sachen

...

- Gläubiger und Beschwerdegegner -

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Feser Frank, Dellbrücker Mauspfad 319, 51069 Köln, Gz.: 15-0021

gegen

...

- Schuldnerin und Beschwerdeführerin -

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwältin ...

wegen Zwangsvollstreckung

hier: Zwangsvollstreckung

erlässt das Landgericht Nürnberg-Fürth – 5. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Dannreuther als Einzelrichter am 10.08.2015 folgenden

Beschluss

I. Die Gehörsrüge der Vollstreckungsschuldnerin wird als unbegründet zurückgewiesen.

II. Die Vollstreckungsschuldnerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

a) Nachdem die Vollstreckungsschuldnerin gegen die Erteilung eines Pfändungsbeschlusses nach vorausgegangenem (erfolglosen) Erinnerungsverfahren am 27.04.2015, beim Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. am gleichen Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt hatte, war dieser sofortigen Beschwerde durch Beschluss des Amtsgerichts Neumarkt i.d.OPf. vom 26.05.2015 nicht abgeholfen worden und die Sache dem übergeordneten Landgericht Nürnberg-Fürth vorgelegt worden. Mit Beschluss vom 03.06.2015 war diese sofortige Beschwerde dann zurückgewiesen worden.

Mit Schriftsatz ebenfalls vom 03.06.2015, gerichtet an das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf., war diese sofortige Beschwerde näher begründet worden.

Mit weiterem Schreiben vom 11.06.2015 wird vorgetragen, dass der zwischenzeitlich zugestellte Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.06.2015 eine „Überraschungsentscheidung“ wegen der gegenüber dem Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. abgegebenen Beschwerdebegründung sei. Da der Beschluss des Beschwerdegerichts vom 03.06.2015 selbst nicht anfechtbar ist, ist dieser Schriftsatz vom 11.06.2015 als Rüge des rechtlichen Gehörs gemäß § 321a ZPO anzusehen.

b) In der Sache ist diese Rüge jedoch ohne Begründung. Formal ist festzustellen, dass der Beschluss, durch den die Erinnerung der Vollstreckungsschuldnerin zurückgewiesen wurde, am 13.04.2015 zugestellt worden ist. Die sofortige Beschwerde hiergegen wurde a, 27.04.2015 eingelegt. Eine Begründung dieser sofortigen Beschwerde wurde hierbei angekündigt, ohne dass eine derartige Begründung bis zur Abfassung des Nichtabhilfebeschlusses am 26.05.2015 (also nach 4 Wochen) bei Gericht eingegangen ist. Die entsprechende Mitteilung über den Nichtabhilfebeschluss erfolgte am 27.05.2015 gleichzeitig mit dem Hinweis, dass die Akten nunmehr dem Beschwerdegericht vorgelegt werden. Bei diesem Gericht sind sie am 29.05.2015 eingegangen. Als die Beschwerdeführerin somit ihre Beschwerde unter dem Datum des 03.06.2015 begründete und diesen Schriftsatz an das Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. richtete, musste sie wissen, dass bei diesem angeschriebenen Gericht die Akten nicht mehr vorhanden waren, sondern vielmehr diese Verfahrensakten bereits dem Beschwerdegericht übermittelt worden waren. Die Beschwerdebegründung wurde mit Datum vom 05.06.2015 dann an das Beschwerdegericht weitergeleitet und damit zu einem Zeitpunkt, als bereits in der Sache eine Beschwerdeentscheidung am 03.06.2015 getroffen worden war.

Bei diesem festzustellenden Verfahrensablauf kann daher eine Beeinträchtigung des rechtlichen Gehörs nicht gesehen werden. Das Ausgangsgericht hat 4 Wochen zugewartet, bis es seine Nichtabhilfeentscheidung getroffen hat. Die Beschwerdebegründung selbst wurde dann nach Ablauf einer weiteren Woche beim Ausgangsgericht eingelegt, obwohl von diesem Gericht bereits mitgeteilt worden war, dass die Verfahrensakten dem übergeordneten Beschwerdegericht vorgelegt wurden. Das Beschwerdegericht selbst wurde demgemäß nicht darüber informiert, dass eine im Beschwerdeschriftsatz angekündigte Begründung trotz des festzustellenden Zeitablaufs noch vorgelegt werden sollte.

c) Eine Verletzung der Vollstreckungsschuldnerin zustehenden rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, ist nach diesem festzustellenden Geschehensablauf nicht gegeben. Eine Beschwerde gemäß § 571 Abs. 1 ZPO begründet werden, wobei eine zu beachtende Frist für die Vorlage einer Beschwerdebegründung in den Vorschriften bei der allgemeinen Beschwerde nicht enthalten ist. Das Fehlen einer Zeitbestimmung kann jedoch keinesfalls bedeuten, dass im Falle einer solchen Beschwerde durch eine angekündigte Beschwerdebegründung sich das Verfahren dann unbestimmt in die Länge ziehen kann. Es könnte zwar zu überlegen sein, ob für eine derartige Beschwerde die für eine Berufung und Revision festgelegte Begründungsfrist von jeweils zwei Monaten, §§ 520 Abs. 2, 551 Abs. 2 ZPO analog, anzuwenden wäre. Allerdings ist bei der Rechtsbeschwerde, die im gleichen Abschnitt der Zivilprozessordnung wie die (hier vorliegende) sofortige Beschwerde geregelt ist, eine einmonatige Begründungsfrist vorgegeben, § 575 Abs. 1 ZPO. Auch wenn hierbei zu beachten ist, dass eine derartige Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 ZPO nur in bestimmten Fällen, die denjenigen einer Zulassungsrevision, § 543 Abs. 2 ZPO, durchaus vergleichbar sind, zulässig ist, so ist die Entscheidung des Gesetzgebers zu erkennen, dass auch bei einer solchen, Rechtsgrundsätze berührenden Rechtsbeschwerde eine einmonatige Frist für ihre Begründung vom Gesetzgeber vorgegeben wurde. Von daher kann durchaus aus dem Gesetz abgeleitet werden, dass auch für die sofortige Beschwerde (die eine derartige Frist nicht vorsieht) ein in etwa gleicher Zeitraum für eine Beschwerdebegründung als angemessen angesehen werden kann. Wenn daher im konkreten Fall die Beschwerdebegründung erst nach Ablauf dieser Frist bei dem dann auch nicht mehr zuständigen Gericht eingereicht wurde und bis zur Kenntnisnahme dieser „verspäteten“ Beschwerdebegründung bereits die Entscheidung des Beschwerdegerichts getroffen war, kann hieraus ein Verstoß gegen das zu beachtende rechtliche Gehör des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden.

d) Wegen einer somit fehlenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehört im Sinne des § 321a ZPO ist eine Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 321a Abs. 5 ZPO rechtlich nicht möglich. Mit der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 03.06.2015 ist somit dieses Beschwerdeverfahren beendet worden. Ergänzend ist allenfalls darauf hinzuweisen, dass auch in der rechtlichen Beurteilung eine Abänderung dieser Entscheidung nicht gerechtfertigt ist, da aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 05.07.2005, § 750 Abs. 3 ZPO, wie bereits vor dem Amtsgericht Neumarkt i.d.OPf. ausgeführt, bei der Sicherungsvollstreckung keine Anwendung findet (vgl. auch Gottwald/Muck, Zwangsvollstreckung, 7. Auflage, § 720a Rdn.4) auch wenn in der Kommentarliteratur (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 73.Auflage § 750 Rdn.23) hierzu abweichende Auffassungen vertreten werden.

Unterschrift

e) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf „Alle erlauben“ erklären Sie sich damit einverstanden. Weiterführende Informationen und die Möglichkeit, einzelne Cookies zuzulassen oder sie zu deaktivieren, erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.